Kurzfassung
Halbleiter-Nanostrukturen haben die Halbleiterphysik revolutioniert und zu grundlegenden
Entdeckungen und bedeutenden Fortschritten bei optoelektronischen Anwendungen
geführt. In den letzten Jahren sind kolloidale Nanostrukturen aufgrund der bemerkenswerten
Kontrolle und Reproduzierbarkeit, die bei ihrer Synthese und Manipulation
erreicht werden, zu einem Hotspot der Forschung geworden. Diese faszinierenden
Strukturen können in Größenordnungen von wenigen Atomen im Sub-2-Nanometerbereich
(nm) bis hin zu Tausenden von Atomen mit einer Ausdehnung von mehreren
zehn nm hergestellt werden. In diesem Größenbereich spielen die Effekte des Quanteneinschlusses
und des dielektrischen Einschlusses eine entscheidende Rolle. Diese
Effekte führen zu erheblichen Abweichungen bei den elektronischen, optischen und
Schwingungseigenschaften im Vergleich zu Massenmaterialien. Die hochgradig abstimmbaren
elektronischen und optischen Eigenschaften dieser Strukturen hängen von
mehreren Faktoren ab, darunter Größe und Form, unterschiedliche Zusammensetzungen
und Oberflächenchemie. Diese Kombination von abstimmbaren Eigenschaften führt
zu spannenden Forschungs- und kommerziellen Anwendungen in verschiedenen Bereichen,
darunter Bio-Imaging, Solarzellen, LEDs, Diodenlaser und Transistoren.
Das Verständnis der elektronischen und schwingungstechnischen Eigenschaften kolloidaler
Nanostrukturen ist von entscheidender Bedeutung, doch ist es nach wie vor
eine Herausforderung, einen theoretischen Rahmen zu schaffen, der mit experimentellen
Beobachtungen übereinstimmt. Die Wahl der theoretischen Methoden hängt von der
gewünschten Genauigkeit und den Berechnungsbeschränkungen ab. Hochpräzise ab
initio-Methoden sind ideal für kleine Strukturen mit bis zu einigen hundert Atomen,
werden aber für größere Systeme rechnerisch unerschwinglich. Semi-empirische Methoden
schaffen ein Gleichgewicht zwischen Genauigkeit und Effizienz und eignen sich
daher für Strukturen mit mehreren tausend Atomen. Vollständig empirische Methoden
sind zwar weniger genau, dafür aber rechnerisch effizient und eignen sich für sehr
große Strukturen mit Millionen von Atomen. In dieser Arbeit werden ab initio, semi-empirische und empirische Methoden strategisch eingesetzt, um die elektronischen,
optischen und Schwingungseigenschaften verschiedener nanostrukturierter Materialien
zu berechnen.
Kapitel 1 verschafft einen allgemeinen Überblick über die physikalischen Eigenschaften
von Halbleiter-Nanostrukturen sowie über die Motivation der Arbeit.
Kapitel 2 legt den Grundstein für die in dieser Arbeit verwendeten Berechnungen
und Methoden. Es legt die grundlegenden theoretischen Prinzipien fest, die als Basis
für die spezifischen Theorien und Ergebnisse dienen, die in den nachfolgenden Kapiteln
vorgestellt werden. In diesem Kapitel werden die Komplexität von Vielkörperberechnungen
erörtert und verschiedene zugrundeliegende Näherungen untersucht, die zur
Modellierung von Materialien auf atomarer Ebene verwendet werden. Ein Eckpfeiler
dieses theoretischen Rahmens ist die elegante Formulierung der Dichtefunktionaltheorie
(DFT). Kapitel 2 bietet eine detaillierte Erklärung der DFT-Prinzipien, gefolgt von
einer Diskussion der Configuration Interaction methode.
Kapitel 3 konzentriert sich auf ein Thema, das in der Wissenschaft viel diskutiert
wird: den Ursprung der Hochfrequenzschulter (HFS), die oberhalb des longitudinalen
optischen (LO) Peaks um 230 cm−1 in den Raman-Spektren von Cadmiumselenid
(CdSe) Quantenpunkte (QDs) beobachtet wird. Wir verwenden die modernste DFT,
die auf kleine CdSe-QDs angewandt wird, und berücksichtigen dabei Variationen in
der Größe, das Vorhandensein von Oberflächendefekten, verschiedene Oberflächenabschlüsse
und Kern-/Schalenstrukturen. Wir zeigen, dass ein intensives Raman-Signal
um 230 cm−1 in Se-defekten Strukturen erscheint, das der Streckschwingung eines
zweifach koordinierten defekten Se-Atoms entspricht. Wir interpretieren dieses Signal
als den Ursprung der HFS. Da dieses Signal in vollständig passivierten und defektfreien
(magic-size cluster) Strukturen nicht vorhanden ist, kann es als Fingerabdruck
zur Unterscheidung zwischen defekten und nicht-defekten Strukturen dienen.
Kapitel 4 untersucht den Einfluss der Legierung auf die exzitonische Feinstruktur
(FS) der QDs und Dot-in-rod Nanostrukturen. Wir untersuchen, wie sich die exzitonische
FS in unterschiedlich großen Zn1−xCdxSe-legierten dots mit variierender Konzentration
x und Zn1−xCdxSe-dots in CdS-rod entwickelt. Wir verwenden die vollständig
atomistische empirische Pseudopotentialmethode in Kombination mit dem Configuration
Interaction methode. Wir stellen fest, dass die Gitterfehlanpassung in legiertem
QDs eine Dehnung induziert, die im Vergleich zu reinem QDs zu einer Aufspaltung
des Kristallfelds zwischen den SP-Niveaus führt. Diese Aufspaltungen führen zu unter-schiedlichen exzitonischen Feinstrukturen in legierte QDs im Vergleich zu reine QDs,
was auf einen inhärent multi-exponentiellen Photolumineszenzabfall hindeutet. Die
FS-Analyse von legierten Dot in-rod Strukturen zeigt außerdem, dass der PL-Zerfall
bei niedrigen Temperaturen mehrere Exzitonenniveaus umfasst, was mit dem experimentell
beobachteten mehrexponentiellen PL-Zerfall übereinstimmt.
Kapitel 5 konzentriert sich auf die Beschreibung der AEP-Methode, einem DFTbasierten
Ansatz zur Durchführung von Berechnungen der elektronischen Struktur
großer Systeme mit bis zu fünfzigtausend Atomen. Da die AEPs direkt aus der DFTMethode
unter Verwendung die Lokale Dichtenäherung (LDA) Austausch-Korrelationsfunktionals
gewonnen werden, werden die typischen Fehler der LDA-Methode, wie z.
B. unterschätzte Bandlücken und effektive Massen, auf die AEPs übertragen. Daher
wird eine empirische Korrektur der nichtlokalen Teile des Pseudopotentials eingeführt,
um korrekte Bandlücken und effektive Massen im Rahmen der AEPs zu erhalten. Die
Wirksamkeit dieser Korrektur wird rigoros validiert, indem sie sowohl auf Bulk- als auch
auf QDs mit unterschiedlichen Durchmessern in verschiedenen binären Halbleitermaterialien
angewendet wird. Wir vergleichen optische Bandlücken, Intraband-Aufspaltung,
Coulomb-Integrale und exzitonische FS von QDs mit verschiedenen Durchmessern mit
den verfügbaren experimentellen und theoretischen Ergebnissen. Darüber hinaus zeigen
wir anhand eines Beispiels mit wurtzitischem ZnS QDs, wie diese Korrektur verwendet
werden kann, um Nanokristallgrößen mit angemessener Genauigkeit zu bestimmen,
vorausgesetzt, dass elektronische, Quasiteilchen- oder optische Lücken experimentell
gemessen werden.
In Kapitel 6 wird eine Erweiterung der AEP-Methode erörtert, die auf die Behandlung
von Verunreinigungen und Defekten in Halbleitermaterialien zugeschnitten
ist. Diese Erweiterung ermöglicht die Berechnung der elektronischen Struktur von
Dotierungsverunreinigungen und Defekten, die in den Materialien eingebettet sind.
Zur Veranschaulichung des praktischen Nutzens wird die elektronische Struktur von
Mn als Verunreinigung in ZnS mit großer Bandlücke vorgestellt. Vorläufige Ergebnisse
unterstreichen einen Vergleich zwischen den abgeleiteten Defekt-AEP und vollständigen
ab initio-Berechnungen, was die Genauigkeit unseres AEP-Ansatzes für Defektsysteme
bestätigt. Darüber hinaus demonstrieren wir die Anwendung unseres Korrekturschemas,
um genaue Mn-Verunreinigungsenergieniveaus in ZnS zu erhalten. Mit
diesen Bandlückenkorrigierten Ergebnissen legen wir den Grundstein für zukünftige
Berechnungen der Vielteilchen-Multipletts von Mn in ZnS. Diese werden eine Kombination der gerasterten CI-Methode, die sich für die Behandlung von Systemen mit
offener Schale eignet, mit den abgeleiteten AEPs für Verunreinigungen/Defekte beinhalten.
Abschließend werden in Kapitel 7 die Ergebnisse zusammengefasst und ein Ausblick
auf zukünftige Arbeiten gegeben.
Semiconductor nanostructures have revolutionized semiconductor physics, driving fundamental discoveries and significant advancements in optoelectronic applications. In recent years, colloidal nanostructures have become a research hotspot due to the remarkable control and reproducibility achieved in their synthesis and manipulation. These fascinating structures can be engineered with sizes ranging from just a few atoms in the sub-2 nanometer (nm) regime to thousands of atoms extending across tens of nm. In this size domain, quantum confinement and dielectric confinement effects play a critical role. These effects cause significant deviations in the electronic, optical, and vibrational properties compared to the bulk materials. The highly tunable electronic and optical properties of these structures depend on several factors including size and shape, different compositions, and surface chemistry. This combination of tunable properties leads to exciting research and commercial applications in various fields, including bio-imaging, solar cells, LEDs, diode lasers, and transistors. Understanding the electronic and vibrational properties of colloidal nanostructures is essential, yet achieving a theoretical framework that consistently aligns with experimental observations remains challenging. The choice of theoretical methods depends on the desired accuracy and computational constraints. Highly accurate ab initio methods are ideal for small structures containing up to a few hundred atoms but become computationally prohibitive for larger systems. Semi-empirical methods strike a balance between accuracy and efficiency, making them suitable for structures with several thousand atoms. Fully empirical methods, while less accurate, are computationally efficient and can handle very large structures with millions of atoms. In this work, we strategically utilize ab initio, semi-empirical, and empirical methods to calculate the electronic, optical, and vibrational properties of various nanostructured materials. Chapter 1 lays the groundwork by providing a general overview of the physical properties of semiconductor nanostructures and the motivation of the work. Chapter 2 lays the foundation for the calculations and methodologies employed throughout this work. It establishes the fundamental theoretical principles that serve as the basis for the specific theories and results presented in subsequent chapters. This chapter discusses the complexities associated with many-body calculations and explores various underlying approximations used to model materials at the atomic level. A cornerstone of this theoretical framework is the elegant formulation of density functional theory (DFT). Chapter 2 provides a detailed explanation of DFT principles, followed by a discussion of the configuration interaction method. Chapter 3 focuses on a topic of significant scientific debate: the origin of the highfrequency shoulder (HFS) observed above the longitudinal optical (LO) peak around 230 cm−1 in the Raman spectra of cadmium selenide (CdSe) quantum dots (QDs). We use state-of-the-art ab initio DFT applied to small CdSe QDs, considering variations in size, the presence of surface defects, different surface terminations, and core/shell structures. We demonstrate that an intense Raman signal appears around 230 cm−1 in Sedefective structures, corresponding to the stretching vibration of a twofold-coordinated defective Se atom. We interpret this signal as the origin of the HFS. As this signal is absent in fully passivated and defect-free (magic-size cluster) structures, it can serve as a fingerprint to distinguish between defective and non-defective structures. Chapter 4 investigates the influence of alloying on the excitonic fine structure (FS) of the QDs and dot-in-rod nanostructures. We investigate how the excitonic FS evolves in different size Zn1−xCdxSe alloyed dots with varying concentration x and Zn1−xCdxSe dot in CdS rod. We use fully atomistic empirical pseudopotential method in combination with the configuration interaction approach. We find that lattice mismatch in alloyed QDs induces strain, leading to crystal field splitting among SP levels compared to pure QDs. These splittings translate into distinct excitonic fine structures in alloyed QDs, compared to pure ones, indicating inherently multi-exponential photoluminescence decay. The FS analysis of alloyed dot-in-rod structures further reveals that low-temperature PL decay will involve multiple excitonic levels, consistent with the multi-exponential PL decay observed experimentally. Chapter 5 focuses on the description of the atomic effective pseudopotential (AEP) method, a DFT-based approach for performing electronic structure calculations on large systems with up to fifty thousand atoms. As the AEPs are directly obtained from DFT using the local density approximation (LDA) for exchange-correlation functional, the typical error from LDA, such as underestimated band gaps and effective masses, are inherited by the AEPs. Therefore, an empirical correction of the non-local parts of the pseudopotential is introduced to achieve correct band gaps and effective masses within the AEPs framework. The effectiveness of this correction is rigorously validated by applying it to both bulk and QDs of varying diameters in various binary semiconductor materials. We compare optical band gaps, intraband splitting, Coulomb integrals, and excitonic FS of QDs with different diameters with the available experimental and theoretical results. Moreover, we provide an example with wurtzite ZnS QDs to show how this correction can be used to determine nanocrystal sizes with reasonable accuracy, given that electronic, quasiparticle, or optical gaps are experimentally measured. Chapter 6 discusses an extension of the AEP method tailored to handle impurities and defects in semiconductor materials. This extension enables the calculation of the electronic structure of dopant impurities and defects embedded within the materials. To illustrate its practical utility, the electronic structure of Mn as an impurity in widegap ZnS is presented. Preliminary results emphasize a comparison between the derived defect AEPs and full ab initio calculations, affirming the accuracy of our AEP approach for defect systems. Moreover, we demonstrate the application of our correction scheme to get accurate Mn impurity energy levels in ZnS. By using these gap-corrected results, we lay the groundwork for future calculations involving the many-body multiplets of Mn in ZnS. This will include a combination of the screened CI method, adept at handling open-shell systems, with the derived impurity/defect AEPs. Finally, in Chapter 7 the results are summarized, and an outlook for future work is presented.